Mittwoch, 5. März 2014

Die wichtigsten Alben 2013 #3: Volcano Choir - Repave

Wir leben in komischen Zeiten. In Zeiten zum Beispiel, in denen ein Typ wie Justin Vernon so richtig durch die Decke gehen kann. Denn erinnern wir uns: Erst bringt der uns das Hipster-Holzfäller-Break-Up-Album schlechthin mit "For Emma, Forever Ago". Dann macht der tausend andere Bands auf und nudelt sich zwischen Kanye West, Autotune und Phil Collins hindurch, bis schließlich mit "Bon Iver, Bon Iver" das Über-Album des Stadionfolk herauskommt, nur, um dann immer komische Sachen im Internet zu erzählen mit einer Diktion und Grammatik, so dermaßen in einem Nullverhältnis zu seinem musikalischen Schaffen steht - im Gegensatz zum Beispiel eben zu Kanye West, der redet, wie er musiziert. "Bon Iver, Bon Iver" war vor einigen Jahren das Konsnsalbum des Jahres: Es hatte den hantologisch angehauchten körperlosen Sound, die emotionale Schwerkraft und genug Köpfchen in den Arrangements um wirklich jedem zu gefallen, der auch nur etwas auf seinen distinguierten und feinsinnigen Musikgeschmackt gibt. Umso komischer, dass "Repave" 2013 dann etwas unterging. Komisch aus mehreren Gründen, von denen aber diese hervorstechen: Erstens klingt "Repave" wie die noch zugänglichere, noch stadiontauglichere und euphorischere Variante von "Bon Iver, Bon Iver". Hier sind alle Mittel weiterhin vorhanden, die letztere Platte so groß machten, aber kompakter, kondensierter und geerdeter. Zudem war auch noch Vernon als Sänger mit an Bord, weshalb er zwar noch so oft betonen konnte, dass hier die Band Collections Of Collonies Of Bees (kein Wunder auch, dass die keiner kennt mit diesem Namen...) alles macht und er nur zum singen kommt: Volcano Choir liefern genauso ab wie Vernons Band Bon Iver es kann, auch wenn die Vorgängerplatte unter diesem Namen mit dem Namen "Unmap" doch eher nach unfertigen Skizzen und wenig Wille zur geraden Linie klang. "Repave" löst umso mehr ein, was "Unmap" hätte versprechen sollen, sogar auch das, was man von Bon Iver als nächstes erwartet hätte.
"Acetate", "Comrade", "Bygone", Dancepack" und "Almanac" sind dabei die absoluten Highlights eines experimentell interessierten Folkrock, wie eben nur aus Vernons Dunstkreis zu erwarten ist. Da überschlagen sich die Effekte, die Rhythmen brechen über die getragenen Passagen herein und am Ende steht immer mit ausgebreiteten Armen ein Finale vor dir, das einem die Schuhe auszieht, das überall die Lichter anzündet und Welten kollabieren lässt. Klar, auch hier sind die Naturasoziationen so zahlreich wie bei einer Sigur Ros Platte, arbiten beide Bands doch mit ähnlichen Mitteln, die zwischen Kunst und Naturalismus vermitteln. Aber das ist ja nicht verkehrt, das ist sogar sehr toll, hat eine absolut packeisdicke Atmosphäre abzuliefern un sprudelt immer wieder über seine eigenen Strände hinweg, das es nur schäumt. "Repave" ist ein Monument modernen Folkroks; ein vergessenes, häufig übersehenes zwar, dafür aber umso intensiver, eindringlicher und rauher, wie ein Tag auf stürmischer See - der ist nicht umsonst auch auf dem Albumcover zu sehen. Zeit also wieder mal auf Entdeckungsreise zu gehen.

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