Da hat ja nun wirklich keiner mehr darauf gewartet, so ermüdet egal diskursiv war die Berichterstattung zu Lady Gagas drittem Album mit dem nun auch wirklich diskursiv egalem Titel "Artpop", da konnte man ja schon sehen, wie durch die ganze Sache mit dem Gender und dem Pop, dem angeklebten Schnurrbart und den wechselnden Perrücken ist. Und als Lady Gaga dann auch noch bei den MTVVMAs (gähn!) mit einem Meddley ihrer bisherigen Hits retrospektiv (und das heißt ja auch immer exzerpiert katalogisch) auftrat, da ging schon wieder die Verwunderung durch das Publikum, ob denn hiermit eine der letzten innovativen Figuren des Pop ihren Glanz und Motor an die selbstzentrierte Retromanie verschenkt hat.
Und das ist doch auch nur wieder diese ganze Oberfläche der Gaga-Figur gewesen, die vielleicht mit Koons oder Abramovic gut kann, aber auch die kratzen an Oberflächlichkeiten, bis dass alle erschaudern, und am Ende ist doch nicht viel da außer Pop Art und nicht vice versa. Denn seien wir mal ehrlich: So catchy die Musik der Gaga ist, so selbst- und traditionsbewusst die Madonna der 80er/90er da geplündert wird, ohne Hülle wäre doch das Interesse nie so groß. Rihanna zum Beispiel, wenngleich kein Typ wie Gaga, sondern eine Projektionsfläche, liefert doch genau deshalb immer den zeitgemäßeren Kram ab, was im Pop ja nunmal wirklich eine veritable Währungsgröße ist. Und so war auch das "Born this way"-Album eher ein Langweiler als ein Aufreger, was sehr schade war, denn die "Monster" EP war derart überraschend und toll geschrieben und performed, dass man mit mehr hätte rechnen können dürfen - war aber nicht.
Nun also "Artpop" und schon die Vorabsingle "Applause" war wieder bollerig auf Disco getrimmt, dass es zumindest wieder Spaß machte. Dann kam der komische SNL-Auftritt zu "Do what you want" mit dem merkwürdig rehabilitierten R.Kelly, der zugegebenrmaßen immernoch eine tolle Stimme hat die wie Butter in der Pfanne schmilzt, und als ich die Nummer das erste Mal im Radio hörte, dachte ich gleich "Hä? Ist wieder 2007? ist wieder Ed Banger?", so bekannt kam mir der Beat mit der Busy P-Schmiede vor, und ich muss ja sagen, ich finde das super, diese Knallelectro Bassmassage, aber zeitgemäß ist das doch nun wirklich nicht. Und die Ed Banger Beats, bzw. der 80er Einschlag von Record Makers Acts wie Kavinsky oder Danger ist auch das produktionstechnische Leitmotiv von "Artpop", und das ist doch nun wirklich Geschmackssache, ob man das auch 2013 noch mag oder nicht. Die zweite Konstante ist das Popthema schlechthin: Sex. Ob das heute noch so viele schockt oder erfreut, ob Gaga dazu einen tatsächlich relevanten, interessanten oder amüsanten Beitrag liefern konnte, das bezweifle ich schon eher grundsätzlich, aber das sollte man Popmusik evtl. auch nicht allzusehr zum Vorwurf machen, unpassend ist es jedenfalls nicht, so sehr wie hier alles geradeheraus wummert und wie tiefergelegt alles ist, wie aufgepumpt und hyperaktiv, und irgendwie, ja, wie auch immer: Es macht einen riesen Spaß. ich weiß auch nicht, wie sie es dieses Mal geschafft hat und was beim letzten Mal so quer schoss, aber "Artpop" ist auf jeden Fall keine "Art" und "pop" wird hier wieder groß geschrieben mit allem, was er in den letzten 10 Jahren zu bieten hatte. Das ist kein Zukunftsmodell und zeitgemäß ist es auch nicht. Aber genauso, wie man heute noch mit großem Vergnügen "True Blue" hören kann, so macht "Artpop", im Moment zumindest, ebensoviel Spaß - wenn einem der Diskurs wirklich mal scheißegal ist.
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