"Mach doch mal das Radio lauter" sagt man als Musikauskenner doch eher selten. Aber als ich damals in der WG-Küche stand und irgendwelches Gemüse für so eine Asia-Pampe zurechtschnippelte, da dröhnte es auf einmal wie nichts gutes per Gitarrenwand aus dem akkustisch doch sehr fragwürdigen Gerät ebenjener WG-Küche, und es waren wirklich Biffy Clyro mit "Stingin' Belle", und ich dachte "Hey, guck mal wer da wieder das Laut-Leise-Spektrum beherrscht wie keine zweite Band, naja, abgesehen vielleicht von Mogwai und Brand New damals, aber heyhey, das geht doch mal wieder klar", und ich habe mich bestimmt böse geschnitten bei der ganzen Ablenkung vom Gemüse. Denn was soll ich sagen? Damals, also wirklich damals, da hat uns Biffy Clyro doch alle wirklich umgeblasen mit der ganze Heftigkeit auf den ersten drei Platten, also zwischen "Blackened Sky" und "Infinity Land", und mit ihrem bis dato besten Album "Vertigo of Bliss", das wirklich hinter jeder Ecke auf dich gelauert hat um zu kratzen oder zu streicheln oder einfach nur irre oder herzlich zu lachen. Und sowas in Musik zu packen, dabei so zugänglich und bratzig gleichzeitig zu klingen, das haben echt nicht viele geschafft, und das ging doch irgendwie etwas kaputt seit, ja, nun mal wirklich seit dem Majordeal und der besten Foo-Fighters-Platte aller Zeiten, nämlich "Puzzles". Richtig böse war ich ja nur auf "Only Revolutions", das ich bis heute nicht mal mit dem Hintern angucken oder (wie auch immer das gehen sollte) anhören mag. Nee, also wirklich, das leingweilt doch zu Tode und jeder, der alles bis meinetwegen ebenjenem "Puzzle" gehört hat weiß doch, dass Biffy Clyro alles immer waren, nur nicht langweilig.
Und jetzt halt, autsch, ein Doppelalbum namens, originell, "Opposites", und das riecht nach Fehlschlag, riecht nach unnötig aufgeblasenem Zeug und ödem Konzept, das kann ja wirklich nur schiefgehen. Und, ist es schiefgegangen? Jein, muss man da ehrlich sagen. Die erste CD von "Opposites" ist wirklich, wirklich toll, für Fußball- und Kneipenfans ebenso wie Leute, die Kuschelrock echt noch für Rock halten. Und Biffy Clyro schmuggeln eben doch alte Gepflogenheiten wie Gitarrenwände und Doublebass ins sogenannte Formatradio rein, und allein dafür muss man ja schon dankbar sein, wenn es wieder biestig wird inmitten dieser trunkenen Seligkeit, die aus vielen Songs herauspfeift. Aber wenn sie so toll klingt, wie auf "Black Chandelier" oder auf "Different People", "Sounds like Balloons" oder "Modern Magic Formula", dann können wir uns dazu gerne im Pub in den Armen liegen, während Celtic gegen die Rangers spielt, dann können wir das Radio wieder lauter aufdrehen und dieser Band alle Fehler vergeben, zum Beispiel auch den, ein Doppelalbum gemacht zu haben, das nun wirklich keins sein muss, den sie ja mit einer quasi "Best-of Opposites" gegen Jahresende schon ausgeglichen haben. Immer noch fehlt die Stringenz von "Puzzle", weiterhin vermisse ich das Überraschungsmoment und die fast schon mad science mäßigen Einfälle aus dem Rocklabor, aber hey, dafür haben die nun wirklich schon drei Alben abgeliefert, die das in Perfektion ausgelebt haben, warum nicht jetzt also die Poprockformel perfektionieren? "Opposites" hat einiges zu bieten, das dafür spricht, dass dies demnächst passieren wird, aber wer weiß, vielleicht macht die Biffykatze auch mal wieder den Buckel, faucht und kratzt und wir prügeln uns dazu alle durch den Pub, um am Ende wieder zusammen eine Pint zu heben. Auch bei einem faden Unentschieden.
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