Dienstag, 11. Februar 2014

Die wichtigsten Alben 2013 #11: The National - Trouble Will Finde Me

"Ich wollt, die Welt wär Schnaps", heißt es gar männlich bei Büchner im Woyzeck. Matt Berninger würde dem vielleicht widersprechen, in dem Punkt zumindest, dass die Welt, wenn schon überhaupt, aus Rotwein bestehen sollte. Denn kaum eine Band macht das Weintrinken und das ganze daran hängende Image so sehr zu ihrem Thema wie The National. Am deutlichsten wohl auf dem "Alligator" Album mit dem Song "All the Wine", der auch der erste Song überhaupt war, den ich von dieser Band gehört habe. Damals noch im vermeintlich Joy Division Revival mit Interpol, Editors und Konsorten (die Band O,Children wollte ja keiner mehr hören), aber das wurde The National einfach nicht gerecht, denn erstens war "Alligator" schon ihr drittes Album, zweitens war ihr Sound doch eher klassisch, vom Blues, von Springsteen, ein bisschen vom Punk und sonst eher von der barocken Spielart des Indie beseelt als vom kühl agierenden Post Punk. Auch war der Weltschmerz bei The National nie so düster, sondern eher eben trunken und sehr modern. Das sollte sich auch auf "Boxer" oder dem Durchbruchalbum "High Violet" nicht ändern, wo die größten Probleme doch durch den Rosé gesagt irgendwie klarer und das Leben erträglicher werden.
"Trouble Will Find Me" macht da auch keine Ausnahme. "Jenny I am in trouble, can't get these feelings out of me / Jenny I'm seeing double, I know this changes everything" ist so eine Zeile aus "This is the last Time", die das ganze The National Programm, die ganze Haltung, das ganze Sein und Sollen dieser Band auf den Punkt bringt. Und so ist "Trouble Will Find Me" auch nicht weniger als die Fortführung eines Erfolgskonzeptes, das diese Band über die Jahre perfektioniert hat. Wintrinker of the Weltschmerz, unite and take over, sozusagen. Und auch, wenn die Kalauer im Angesicht dieses doch sich wiederholenden Motivs hier gerade überschlagen, so ist "Trouble Will Find Me" doch keine Ermüdungsmusik, die diese Band schon besser, schon tiefsinniger und berührender gemacht hat. Man kann zwar anmerken, wie wenig Hoffnung Berninger noch in seinen Lyrics versprüht, wenn ihn die "Demons" einfach mitreißen, wie einsam "I Need My Girl", der Ausnahmesong dieser Platte, doch klingt, und wie traurig geht es denn noch, fragt man sich angesichts eines Songs wie "Pink Rabbits", der das Versagen auf ganzer Linie zelebriert und daher das kleine Glück nicht fassen, nicht an sich lassen kann.
Dass The National als Band aus Brooklyn schon immer kunstsinnig waren, überrascht nicht. Dass sie im MoMA eine stundenlange Performance von "Sorrow" aufführten, dass sie in ihrem Artwork Künstler unterbrachten, die in der von ihnen eigens betriebenen Galerie ausstellen - geschenkt. Das alles ist nur abrundendes Beiwerk einer Musik, die mehr und mehr zum Trademark dieser Band wird, sie mehr und mehr selbst zu einer Referenz im Rock macht als sie sich Referenzen selbst bedienen müssen, um beschrieben zu werden. Und dass sie mit dem grandiosen Video zu "Sea of Love" noch eines der lustigsten Punkclips überhaupt zitieren, zeugt immerhin von Humor, den die Band, die es so schwer hat und das jeden fühlen lassen will, so auch unbedingt braucht. Diese Band ist im Laufe der Jahre so groß geworden, dass selbst meine Mutter sie hört, genau wie meine Schwestern, meine Freundin, meine Freunde, ihr da im Internet, die Headliner auf Festivals spielt, die großen Hallen bucht und gut füllt, die weltweit den Ruhm einfährt - und das alles so leise, still und heimlich, dass auch nicht überrascht, wie unspektakulär spektakulär auch "Trouble Will Find Me" ist. Sicherlich nicht das beste Album dieser Band, aber wen schert denn das, solange es auch 2013 den Ruhm zementiert, den The National verdient hat. Und solange Songs wie "Don't Swallow the Cap" oder "Graceless" dabei rumkommen, bin ich zumindest sehr, sehr glücklich. Auch ein guter Grund zu trinken, irgendwie - aber nicht Matt Berninger sagen.

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