Montag, 3. Februar 2014

Die wichtigsten Alben 2013 #18 - Daft Punk - Random Access Memories

Hätten wir hier unsere Liste noch rechtzeitig abgeschlossen, das heißt: Würden wir nicht gerade dem zeitgeist hinterheulen, wir würden gar nicht gesehen haben, wie sie da alle standen: Yoko Ono, Beyoncé und wer auch immer, wir häten nichtmal gewusst, wie gerne Claudius Seidl in den Saal gestürmt wäre, als Daft Punk bei den Grammys auftraten und "Get Lucky" spielten. Wir hätten weder gewusst, wie schwer dieses Album dort absahnen wird, noch hätten wir eine Ahnung, wie sehr es die Leser- und Redaktionspolls zum Jahresende dominiert hätte. Wir hätten nur eines gewusst: "Random Access Memories" war einer der größten Hypes 2013. Und demnach hätten wir vielleicht schon etwas geahnt.
Aber wie das so mit Hypes ist, zumindest, wenn sie zurecht so genannt werden: Sie spalten. Die einen fahren riesig darauf ab, wenn der Coachella-Spot durch das Netz flackerte. Sie sauegn jeden Infoschnipsel auf bis hin zur stilbildenden Albumreklame mit dem grandiosen Unboxing-Clip, den sogar Sony für die vierte Playstation kopiert hat. Die anderen waren niedergeschlagen, enttäuscht und sogar stinksauer auf Daft Punk, dass sie ihre Integrität an die Rollschuhdisco abgetreten haben und anscheinend keine Ahnung aufbringen, wie die Musik der Zukunft klingt, die sie uns doch sonst immer so stilsicher präsentiert haben.
Denn man muss im Angesicht des Gesamtwerkes ehrlich sagen: Der ganz große Wurf war "Random Access Memories" nicht. Klar, gerade auf "Homework" und "Discovery" waren die Glam-Referenzen ganz vorne mit dabei, aber halt nur Referenz und nicht Programm. "Indo Silver Club" oder "Digital Love" funktionierten mehr und anders als die Bee Gees oder Chic. Und das war, entschuldigung, ja auch gut so, sonst hätten Daft Punk niemals die Relevanz erlangt, die sie heute haben. Und sie waren dem ganzen Musikbusiness immer um 2-3 Jahre voraus. Selbst das heute total großartige "Human After All" nahm vorweg, was Labels wie Ed Banger oder record Maker später propagieren und Schlawiner wie Skrillex perfektionieren sollten: Robot Rock. Und dass dabei auch immer unverschämte Hits bei rauskamen, die die Disco immer in die Zukunftsversion der Gegenwart übersetzte, war doch das geniale am Werk. Und wer "Alive 2007" gehört hat, der kann doch gar nicht fassen, wie homogen, wie stringent und wie wahnsinnig die Musik dieser Roboter doch ist, als hätten sie einen Masterplan.
"Random Access Memories" ist, wenn man so will, die Kehrseite von "Human After All". Beide Platten zusammengemixt ergeben "Homework" und "Discovery", so zumindest meine gleichung. Betonte "Human After All" noch eben das Mechanische, Automasierte im Schaffen Daft Punks, markiert der etwas langweilige Vermerk, nur "echte" Instrumente auf "Random Access Memories" zu verwenden, das vermeintlich "Organische" daran. Beides kam nicht sehr gut an, wobei "Random Acess Memories" doch irgendwie besser aus der Affaire gezogen wurde, denn: Hits. "Get Lucky" oder "Lose Yourself to Dance" dominierten nun wirklich alles. Oder vielmehr Pharrell Williams, der ja auch dem unsäglich sexistischen und unsäglich funky "Blurred Lines" von Robin Thicke seinen Goldadel verlieh. Wie viel Genius dabei Daft Punk zukommt, wird sich so nicht klären lassen, auch dass alle von Nile Rodgers sprechen. Dat Punk haben sich auf "Random Access Memories" mehr zurückgenommen, um eine Art Heldenmuseum ihrer Genealogie aufzustellen. Das funkelt zwar ordentlich, wirkt aber auch angestaubt und in seinem Blick zurück doch irgendwie etwas steif.
Deshalb sind Glanzstücke wie "Giorgio By Moroder" oder "Doing it Right" auch die Glanzlichter dieser auf Albumlänge doch etwas inkosistenten Platte: Sie schaffen es, Hommage und Übersetzung zugleich zu sein. Was Daft Punk hier permanent - und anscheinend bewusst - auf das Spiel gesetzt haben, ist ihr eigener Charakter. Leute wie Romanthony habend zuvor so homogen in den Roboterkosmos gepasst, auch Panda Bear oder Moroder tun es auf ihre Art, meinetwegen eben auch Nile Rodgers. Aber so Belanglosigkeiten wie "Instant Crush" mit Julian Casablancas sind kaum zu verzeihen, auch das Jethro Tull Ding auf "Motherboard" ist einigermaßen fragwürdig. Aber eines muss man "Random Access Memories" bei alldem lassen: Die Vision ist, wie immer bei Daft Punk, konsequent, die Hits sind da, die Songs auch, die Ideen und es passt, wie in guten Museen immer, alles zusammen, dass das Vergangene neu und toll für das Jetzt erzählt und erfahrbar gemacht wird. Dass dieses geradezu retromanische Album aber so dermaßen durch die Decke geht, sagt eigentlich weniger über Daft Punk als über den Zustand der Musikindustrie aus. Denn Stil haben die Roboter auf jeden Fall und hatten ihn auch schon immer. Das beweist auch der Auftritt bei den Grammys, der aber auch symptomatisch ist: Denn letztlich driftet "Get Lucky", mit Stevie Wonder aufgeführt, in dessen alten Hit "Another Star" ab. Gets old.

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