Dienstag, 28. Januar 2014

Die wichtgsten Alben 2013 #19: Moderat - II

"This is not what you wanted nor what you had in mind". Wenn man sich Interviews mit Moderat durchliest, dann kann man immer nur mit dem Kopf schütteln, so unzufrieden die immer mit ihrem eigenen Sound sind. Und so lässt sich die Hookline vom Sommerhit (ja, sowas gibt es noch!) "Bad Kingdom" auch irgendwie als Kommentar auf das eigene Schaffen umdeuten. Das völlig paranoide Video gibt diesem Eindruck dann auch den Rest, so toll es auch ist in seinen fraktalen Verschwörungstheorien. Warum können die Leute von Modeselektor und der eine von Apparat nicht einfach mal gut sein lassen? Warum müssen die immer an allem rumkritteln? Machen das nicht schon Fans, Youtube-Kommentatoren, Online-Peitionisten und Sportreporter zur Genüge? Hoffentlich gehen die nie auf ihre Plattenseite bei Amazon...
"II" ist der Nachfolger von "Moderat", was man auch einfach jetzt "I" nennen könnte, und sicherlich ist das so simpel wie unoriginell. "Moderat" war ein absolutes Überalbum, das das Level deutscher Bassmusik um einiges steigern konnte. Am unglaublichsten aber war, wie gut die Soundideen von Modeselektor und Apparat zusammengingen, wie homogen das alles von Grund auf war, auch wenn manche Gastauftritte das Samplerhafte des Albums teilweise untermauerten und den Kontext noch eine Kurve weiter führten als es manchmal musste. Wer aber bei "Rusty Nails", "No. 22", "Out of Sight" oder "Seamonky" nicht völlig aus dem Häuschen geriet, dem ist auch mit keinem Knicklicht mehr beizukommen. Und schließlich konnten sich alle auf diese Platte einigen, vom Starbuckskunden bis zum Groove-Leser oder Zeit-Praktikanten.
Entsprechend hoch nunmal auch die Erwartungen an "II". Und ich war auch erstmal enttäuscht, denn es fehlte mir etwas das Ausufernde, das der Vorgänger noch hatte. "II" war mir zu kontemplativ und auch manchmal ein bisschen zu zaghaft in seinen Songstrukturen. Dann allerdings bin ich in den Sound reingewachsen, denn was sich zuerst als langsam bis langweilig zeigte wurde auf einmal wahnsinnig dicht atmosphärisch, was sich als abgehoben präsentierte wurde uplifting und was mir wie eine hingenudelte Melodie erschien wurde zu einem großen Melodiemoment. Und so ist für mich "II" mit einer der Grower des Jahres, das es erneut schafft, den Modeselektor- mit dem Apparatsound zu verbinden ohne risse im Kitt erkennen zu lassen, ohne auch nur einen Moment die Orientierung zu verlieren. Und als Plus kommt eben hinzu, dass sich dieser Sound nochmal auf anderen Levels bewegt als zuvor, der Bass ist immernoch tief, die Flächen immernoch im Breitwandformat, der Gesang immernoch unter Hypnose und teuflisch einprägsam. Aber wenn "Moderat" noch etwas garstig an den Wänden kratzte, hat "II" seine Arme im Himmel und seinen Kopf in den Wolken. Tracks wie "Damage Done", "This Time" oder "Versions" sind Soundgemälde erster Güte und dazu noch von astreinem internationalen Format wie sonst nur ein Lothar Matthäus. Warum aber eine abgespeckte und eine vollständige Vinylversion ausgegeben wird, wo auf ersterer zentrale Stücke wie "Milk" fehlen, wodurch aber der Flow des Albums irgendwie ungebrochener wirkt, das weiß wohl auch niemand so genau. Vielleicht ist "II" doch sowas wie die Cash Cow der Bassmusik. Mit das Beste in dieser Richtung ist es auf jeden Fall.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen